Hörbehindert und Ringtennis?

 

von Sabine Flottmann


„Und - wie war’s?“  Mit dieser Frage wurden sieben hörbehinderte Schüler und Schülerinnen der Klasse 6 der Landeschule für Gehörlose und Schwerhörige aus Neuwied begrüßt, die am letzten Wochenende an den Schülermeisterschaften im Ringtennis teilnahmen.  Im Rahmen der Deutschen Mannschaftsmeisterschaften lud der WM-Verein Schüler und Schülerinnen der Klassen 5 und 6 nach Koblenz ein. Für diese Teilnahme wurden schulinterne Meisterschaften vorausgesetzt, da aus logistischen Gründen nur die Schulsieger in Koblenz starten durften.

Paritätische Teambildung das einzige Problem

Einziges Problem ist die Vorgabe hinsichtlich der Mannschaftsaufstellung, dass eine Ringtennis–Mannschaft aus mindestens zwei Jungen und zwei Mädchen bestehen muss, eine Hörbehinderung trifft jedoch statistisch eher einen Jungen als ein Mädchen. Aus diesem Grund entfiel in unserer Schule auch die Frage nach einem internen Ausscheidungswettkampf, denn es gibt in unserer Einrichtung nur eine Klasse 6, in der auch Mädchen unterrichtet werden, in den zwei Parallelklassen sind ausschließlich nur männliche Schüler.


Fazit

Leider werden die in Koblenz teilgenommenen Schüler aufgrund ihres Alters nicht noch einmal starten dürfen, aber sie haben mit dem Ringtennis ein tolles Sportspiel kennen gelernt, das sie jederzeit in der Schule und ihrer Freizeit ohne großen Aufwand spielen können. Für die Einladung, Durchführung und Organisation der Lehrerfortbildung und der Schülermeisterschaften sagen wir, Schüler und Lehrer, deswegen: Vielen Dank!


Einfache Regeln machen Ringtennis für Zielgruppe interessant

Nicht nur am Tag selbst, sondern auch schon in den Vorbereitungswochen konnte festgestellt werden, dass die Sportart Ringtennis aus verschiedenen Gründen nicht nur von hörenden, sondern auch von hörbehinderten Sportlern erfolgreich gespielt werden kann: Die Regeln sind im Ringtennis gut verständlich und so eindeutig, dass sie nicht viel Raum für individuelle Auslegungen lassen. Regelübertretungen wie Netzberührung und Aus bedürfen keiner guten Hörfähigkeit, diese kann man als Spieler sehen. In Koblenz wurde sogar das erste Spiel der Mannschaft aus der Landesschule gegen die „Ring Killers“ aus Altenkirchen ohne Schiedsrichter gespielt. Noch nicht einmal die beiden Lehrer waren anwesend. Die Schüler und das Spiel selbst bestimmten den Verlauf. Als die Spieler dem Organisationsteam das Ergebnis mitteilen wollten, sagte man ihnen, dass das Turnier noch nicht begonnen hätte und sie erst auf ihren (vielleicht gar nicht notwendigen) Schiedsrichter warten sollten. Das Spiel wurde daraufhin wiederholt.  Die Mannschaftsgröße auf dem Platz (gespielt wird entweder 1-1 oder 2-2) ist sehr überschaubar, für einen Hörbehinderten von enormer Wichtigkeit, da er sich so nur auf maximal einen Mitspieler und zwei Gegenspielern einstellen muss. Das kleine Spielfeld (es entspricht in etwa einem Badmintonfeld) ermöglicht zudem eine Kommunikation mit dem Mitspieler und den Gegnern, die nicht nur auditiv, sondern auch visuell verläuft – man kann dem Gegner aufgrund seiner Nähe noch „auf den Mund sehen“. Im Vergleich zu anderen Mannschaftssportarten wie Basketball, Fußball oder Handball kann Ringtennis gut in Schulen gespielt werden, die wie die Landesschule für Gehörlose und Schwerhörige, über kleine Klassen verfügen. Da lediglich vier Personen zur Verfügung stehen müssen, können sogar innerhalb einer Klasse Matches bestritten werden. Auch das Material, das nur aus einem Ring und einer (Zauber-)Schnur oder einem Netz besteht, ist für kleine Schulen finanziell tragbar.

Ein außergewöhnliches Erlebnis für die hörbehinderten Kinder


Am 20. März trafen sich dann jeweils 24 Siegermannschaften der Klassen 5 und 6 aus dem nördlichen Teil Rheinland-Pfalz. Bereits mit Bekantgabe der teilnehmenden Schulen stellte sich heraus, dass die Landesschule für Gehörlose und Schwerhörige die einzige in Koblenz startende Förderschule sein würde – für die hörbehinderten Schüler ein außergewöhnliches Ereignis, da sie sich doch auf schulischer Ebene eher mit ebenfalls behinderten Schülern sportlich messen. Das Ergebnis dieser Teilnahme war „cool“, „super“ und „geil“. So jedenfalls lauteten die Antworten der Schüler und Schülerinnen auf die o.a. Frage. Und auch die Klassenlehrerin war vom Einsatz und der spielerischen Klasse ihrer Schüler begeistert. Am Ende sprang für sie der 12. Platz heraus – mit ein wenig mehr Glück hätte die Mannschaft sogar noch weiter vorne stehen können. Ein weiterer Grund für diese gute Bewertung war sicherlich auch die Tatsache, dass kein Schüler und keine Schülerin an diesem Tag aufgrund seiner Hörbehinderung durch die anderen Teilnehmer beleidigt worden ist – etwas, wovor diese Schüler sich häufig fürchten. Der Alltag macht deutlich, dass viele Hörbehinderte, insbesondere während der Adoleszenz, ihre Hörgeräte verstecken, um nicht von Gleichaltrigen entdeckt und „abgestempelt“ zu werden. An diesem Tag war jedoch von Abstemplung nichts zu spüren, die Mannschaft aus der Landesschule für Gehörlose und Schwerhörige gehörte einfach dazu.